Gestern abend frug mich ein Nachbar, ob ich beim 4. Forum zum Hochwasserschutz in Dresden-Laubegast mitschreiben wöllte. Gesagt getan. Also setzte ich mich mit dem Notebook mit in den Saal des Volkshauses und tipperte fleissig mit.
Die Vortragsfolien des Abends (pdf) stehen schon zum Download bereit.
Einleitend will ich ein paar Worte zum Verfahren verlieren. Die Bürgerbeteiligung fand mit dem Dokument «Positionen und Empfehlungen» (pdf) erstmal ein Ende. Die Stadt will den weiteren Prozess aber ebenso offen und transparent gestalten. Deshalb haben Umwelt- und Stadtplanungsamt zum 4. Forum eingeladen. Ziel des 4. Forums war die Vermittlung der Schlussfolgerungen, die die Stadtveraltung aus dem Positionspapier gezogen hat, und die Darstellung des weiteren Verfahrensverlaufes. Eine Entschuldigung über die mangelnde Öffentlichkeitsarbeit der letzten Zeit mit Verweis auf die nicht berichtende Presse eröffnete die Veranstaltung, welche dreigeteilt war:
- Alter Elbarm
- Stromelbe
- Verfahrensfragen
Prinzipiell geht die Stadt wie folgt vor: Es ergaben sich Prüfaufträge mit dem Ziel der Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen, die eine Planung benötigen, die wiederum eine (erweiterte) Grundlagenermittlung voraussetzen. Weitere Elemente des Positionspapiers die nicht Prüfaufträge betreffen werden dann Bestandteil der Stadtratsbeschlussvorlage oder werden an Dritte weitergereicht (z.B. Landestalsperrenverwaltung Sachsen).
Alter Elbarm
Der Abschnitt zum alten Elbarm begann mit einer Wortmeldung zur geplanten Solitaersiedlung, die vorschlug den Bauausschuß einzuladen, um dessen Beschluss „in rechte Licht“ zu rücken. Manche Laubegaster wehren sich gegen diese geplante Siedlung, weil sie im Überschwemmungsgebiet auf einer ehemaligen Mülldeponie (dampfdichte Fundamente) realisiert werden soll. Geantwortet wurde mit dem Verweis auf die Auslage der Beschlussvorlage des Bauausschusses bis 1. September und dem weiteren Verfahrensprozess (Stadtplanungsamt?)mit dessen Einflussmöglichkeiten.
Kurz und knapp kann man sagen, dass eine Mauer mit Durchlässen für die Verkehrswege entlang der Siedlungskante geführt werden soll.
Schutzziel ist HQ100, also ein Hochwasser was aller 100 Jahre auftauchen kann.
Fragen aus dem Publikum dazu:
Frage: Was passiert mit dem Kleingärten?
Antwort: Kleingärten werden nicht vergessen.
Frage: Wie werden Strasse und Wege verschlossen?
Antwort: Je nach Notwendigkeit und Realisierbarkeit. Das Herauszufinden ist Ziel der Planungen.
Frage: Werden Straßen irgendwie ertüchtigt um möglichst lange Autos aus Laubegast herausholen zu können. Verweis auf hohe Schadenssumme durch KFZ-Schäden.
Antwort: Strassen sind nicht Teil der Planungen, da nur Hochwasserschutz Teil der Planungen ist. Zusammenarbeit mit Strassen- und Tiefbauamt findet nicht statt und ist auch nicht nötig, da getrennte Massnahmen. Verschlechterung der Abflusssituation kann es nicht geben, da diese durch Landschaftskonzeption ausgeschlossen sind.
Anmerkung von mir: Integrierte Planungen finden also nicht statt. Die anwesenden Bürger hatten zu diesem „Inseldenken“ scheinbar kein Verständnis.
Noch ein Einwand: Deiche seien nicht notwendig, hier und da eine Betonmauer würde ausreichen. Antwort: Die Planung wird mögliche Varianten ausarbeiten. Das Planungsergebnis wird diskutiert und eine Vorzugsvariante ausgewählt.
So viel zum alten Elbarm. Es geht weiter mit dem
Hochwasserschutz an der Stromelbe
Die Aufgabenstellung die sich die Stadt zu diesem Abschnitt gegeben hat ist eng mit der LTV abgestimmt. Das folgt auch aus dem Kooperationsvertrag zwischen Dresden und Sachsen. Da das Ufer nicht gegen HQ 100 zu sichern ist und ein Hochwasserschutz mit Augenmaß gefordert wird, muss dieser Begriff unbedingt geschärft werden.
Ziel ist die Variantenfindung für Hochwasserschutzmaßnahmen bis HQ 100. Vollstationäre und vollmobile Varianten wurden im Beteiligungsprozess bisher ausgeschlossen.
In einem zweistufigen Prozess will die Stadt deshalb Planungsgrundlagen erarbeiten.
1. Schritt: Untersuchungen zu Kombinationslösungen aus stationären und mobilen Elementen bis HQ 100 am Uferbereich, da diese Kombination im Beteiligunsgprozess nicht ausgeschlossen wurde (wohl aber Festlegung verschiedener maximaler Mauerhöhen, z.B. bis Pegel 750 cm).
In einem 2. Schritt wird dann eine Planungsgrundlage für eine zurückgesetzte Hochwasserschutzlösung im Bereich 2 für HQ 100 gesucht, falls kein Schutz am bis HQ 100 am Ufer erreicht werden kann.
Frage: Warum wird wieder Schutz vor HQ 1o0 geprüft?
Antwort: Positionspapier schliesst Prüfung mit HQ100-Schutz nicht aus, vor allem nicht die stationär-mobile Kombinationslösung bis HQ1o0.
Anmerkung: Es ist deutliche Beunruhigung im Saal spürbar. Die Vorgehensweise der Stadt schliesst eine Hochwasserschutzmaßnahme am Ufer nicht ganz aus. Ebenso kann sich herausstellen, dass Hochwasserschutz bis HQ20 (Pegel 820 cm) und eine 2. Schutzlinie vor der Österreicher Straße besser geeignet ist. Das hängt von der Gewichtung der Mindestkriterien für Nutzwertanalyse zur Variantenbewertung ab.
Es folgen weitere Fragen:
Wann wird zurückgesetzter Schutz realistisch?
Antwort: Es werden mehrere Varinaten geprüft. Auch solche mit Kosten-Nutzen-Faktor kleiner 1 (größer 1 bedeutet Finanzierbarkeit durch Freistaat). Falls die Stadt aber dem Stadtbild eine hohe Bedeutung bemisst und Geld zusteuert, kann auch eine durch den Freistaat nicht finanzierbare Variante mit zurückgesetzter Schutzlinie im Korridor 2 aber besser Landschaftseinbingung realisiert werden.
Anmerkung eines Bürgers: Es darf keine Ungleichbehandlung der Laubegaster beim Hochwasserschutz geben.
Frage: Wird durch Schutzziel HQ100 nicht schon ein Ergebnis vorbestimmt?
Antwort: Nein, da auch Schutzziele mit HQ20 durch LTV finanzierbar sind, wenn Kosten-Nutzen-Faktor > 1. Die Stadt kann auch andereaufwändigere Schutzvarianten kofinanzieren (Stadtbild)
Frage: Wo bleibt die Nullösung?
Antwort: Die ist auch in der Variantensuche enthalten.
Dann wurde nochmal über das Schutzziel HQ 100 diskutiert, da dieses seitens der Bürger als unrealistisch ausgegrenzt wurde. Verwunderung über die Stadt über dieses Ziel.
Frage: Wo bleibt erweiterte Grundlagenuntersuchung wie im Kooperationsvertrag zwischen Stadt und Land gefordert?
Antwort: Die Aufgabenstellung als Planungsgrundlage schliesst genau diese Grundlagenuntersuchung ein.
Frage: Auswirkung auf andere Elbanrainer?
Antwort: Bestandteil eines Fachdokumentes.
Frage: Wie weiter im Verfahren?
Antwort: Verweis auf Teil 3 des Abends.
Frage: Warum wird Mauer bis Pegel 800 cm mit als Planungsziel erwogen, obwohl eigentlich im Beteiligungsprozess maximal 750 cm gefunden wurden?
Antwort: Wenn man 800 cm mit Argumenten ausschliessen will, muss man es auch untersuchen, neben Mauern bis Pegel 700 und 750 cm. Das sind Grundlagen für Nutzwertanalyse, bei der die Gewichtung der Kriterien dann variiert werden.
Anmerkung Bürger: „Mäuerchen“ plus Aufsatz ist in Ordnung.
Antwort: Mäuerchen/stationärer Schutz ist immer mit Strassenveränderung/-höherlegung verbunden. Deshalb ist die Mauerhöhe auch ein wesentliches Kriterium bei der Landschaftplanung.
Teil 3: Verfahrensfragen
Im dritten Teil der Verantstaltung wurde aufgezeigt wie die Stadtverwaltung das weitere Vorgehen plant. Interessant sind die nochmaligen Einflussmöglichkeiten der Laubegaster, wenn die Beschlussvorlage für den Stadtrat erstellt wird (November 2011). In welcher Form die Bürger dort die Beschlussvorlage mitgestalten ist noch nicht ganz klar, wahrscheinlich ist aber wieder eine Bürgerwerkstatt. Im persönlichen Nachgespräch erfuhr ich auch, dass interaktive Werkzeuge dann darstellen sollen, welche Kriteriengewichtung dann auch eine Mauer am Elbufer verhindern könnte. Frühestens im März 2013 wird der Stadtrat eine konkrete Planung ausschreiben, deren Grundlagen von März 2012 bis Dezember 2012 erarbeitet werden. Im November 2011 können die Laubegaster also in die Grundlagenausarbeitung nochmals eingreifen.
Beim alten Elbarm geht das ganze schneller, da unkomplizierter. Da wird jetzt mit der Grundlageermittlung durch eine PlanungsGmbH aus Dippoldiswalde begonnen.
Fazit
Ich fand die Veranstaltung gut vorbereitet. Durch das Fernbleiben seit dem 1. Forum war ich aus dem Thema ein wenig raus, konnte aber dennoch gut mitdenken. Aufpassen müssen die Laubegaster, dass sie die Grundlagenermittlung im November 2011 richtig mit beeinflussen. Dazu können sie bis zum 21. September nochmals Hinweise zu den Aufgabenstellungen (der Stadt an sich selbst) übermitteln:
leben-mit-dem-fluss@dresden.de
oder
Landeshauptstadt Dresden, Umweltamt
Beteiligungsprozess Laubegast
Postfach 120020, 01001 Dresden
Diese ganze Thematik des Hochwasserschutzes am Laubegaster Ufer ist unheimlich komplex (siehe Aufgabenstellung der Stadt an sich selbst) und die Stadt hat den Willen das mit der Bevölkerung gemeinsam zu machen. Doch mir scheint, als fehlen die passenden Werkzeuge seitens der Stadt um den Bürgern den jeweiligen Stand der Dinge in allgemeinverständlicher Form zu vermitteln.
Alleine das Schutzziel HQ 100 bedeutet wieder erhöhte Aufmerksamkeit der Laubegaster, da diese dieses Schutzziel nach meinem Verständnis schonmal ausgeschlossen haben wollten. Insbesonders scheint mir das Schutzziel HQ 100 noch zu vorrangig, als ob man da gelassen in die Zukunft sehen kann. Schliesslich hat das Laubegaster Ufer einen besonders natürlich wirkenden Übergang von der Siedlung zum Fluss zu verlieren.
Stellt sich heraus, dass eine statinonär/mobile Hochwasserschutzlösung HQ 100 erreichen kann und ist diese auch wirtschaftlich, dann erscheint mir die Betrachtung einer zweiten Schutzlinie sehr unwahrscheinlich, wie auch aus folgendem Zitat (als Grafik, da Passwortschutz des PDF) der Aufgabenstellung ersichtlich ist:
Es ist also sehr wichtig, darauf zu achten, wie die Vozugslösung im Schritt 1 zustande kommt, da das Damoklesschwert „Schutzziel HQ 100“ eine echte Beeiträchtigung der Lebensqualität am Laubegaster Ufer bedeutet.
So ich hoffe, ich habe den Gesamtverhalt einigermaßen richtig erfasst und die Veranstaltung sinnvoll dokumentiert. Es bleibt spannend und anspruchsvoll in Laubegast!
Lieber Stephan,
ich war sehr erfreut, als ich Deinen Beitrag über das 4. Forum fand. Ich selbst habe mich aus dem Prozess ausgeklinkt, obwohl ich mit dem Beitrag „Promenade“ aktiv mich beteiligt hatte (siehe Abschlussdokument, Anhang). Ich glaube, dass er bei niemanden Beachtung findet. Leider ist mir aber keine einzige Begründung für dieses Desinteresse zu Ohren gekommen. In den Werkstattgesprächen wurden die konkreten Vorschläge ja auch nicht diskutiert. Ich würde mich sehr freuen, wenn Du Deine oder/und die der Uferbewohner über den Vorschlg „Promenade“ mitteilen könntest.
Mit besten Grüßen
Klaus
Pingback: Blogs aus Sachsen im Wikio-Ranking Oktober 2011 – Von Stefan Stahlbaum
Ich befürchte, am Ende sieht es in Laubegast genauso besch… aus, wie in Pieschen. Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten…
http://keinemauer.de/Baumtod.html
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