In den letzten Tagen wurde der Entwurf für einen Dresdner Luftreinhalteplan veröffentlicht. Über das Fehlen eines solchen Planes für Dresden schrieb ich schon. Er kann unter anderem auf den Webseiten des RP Dresdens und des LfuG heruntergeladen oder an 3 Orten eingesehen werden.
Hinweise, Einwände und Anregungen In der Zeit vom 15.1. bis einschließlich 28.2.2007 können zu dem Planentwurf von jedermann Hinweise, Einwände oder Anregungen beim Regierungspräsidium Dresden, Referat 6.1.4, Stauffenbergallee 2, 01099 Dresden schriftlich eingereicht werden. Die fristgemäß eingegangenen Äußerungen werden nach Prüfung berücksichtigt, soweit sie für die Aufstellung des Luftreinhalte- und Aktionsplans zweckdienlich sind. Eine gesonderte öffentliche Erörterung findet nicht mehr statt.
Der Entwurf ist sehr gut lesbar und übersichtlich gestaltet. Seine hohe Qualität hat mich ehrlich gesagt überrascht. Ich will mal kurz ein paar Punkte ansprechen, die mir besonders aufgefallen sind:
Umweltzone
In Dresden soll eine Umweltzone eingerichtet werden. Bestimmte Fahrzeuge dürfen dort ab 2008 nicht mehr fahren.
Straßenschild „Umweltzone“
Das Gebiet der Umweltzone (anklicken für Vergrösserung)
Ferneintrag
Dresden ist von einem relativ hohen Ferneintrag (Einfluss außerhalb den kommunalen Gebietes) bei Feinstaub und Stickoxiden betroffen. Das unmittelbare und überregionale Umfeld von Dresden trägt maßgeblich zur Luftsituation bei.
Überwärmung
Einige Stadtgebiete sollen vor Überwärmung besser geschützt werden. Beispiele wären Pieschen und die Neustadt. Es gibt einen Stadtratsbeschluss von 1996 der in diese Richtung zielt. Wie wurde er umgesetzt?
Begrünung
Zitat: Ausgleich einer verdichteten Bebauung im Innenstadtgebiet durch geeignete Formen der Begrünung.
Von einer Begrünung neugestalteter Stadtfläche ist in Dresden wenig zu sehen. Beispiele wären Postplatz und Bahnhofsvorplatz am HBF. Dort hat die Stadt in meinen Augen völlig versagt, was den Schutz vor übermäßiger Sonneneinstrahlung angeht. Die dortigen Flächen werden sich im Sommer sehr aufheizen.
Ortsumgehungen
Zitat: Eine Konsequenz daraus kann sein, dass das Thema „Umgehungstrassen von Ortslagen“ nicht mehr nur vor dem Hintergrund der Entlastung bestimmter Gebiete von Lärm und Verkehrsmengen zu diskutieren ist, sondern auch vor dem, Straßentrassen anzubieten, die Kfz-Verkehre in weniger belastete Gebiete leiten und somit die Gefahr der Grenzwertüberschreitung in urbanen Arealen verringern.
Solange man für den Verkehr keine neuen Schneisen in die wenigen verbliebenen Naturgebiete schlägt, kann man darüber durchaus mal nachdenken. Jedoch werden sich Stadtrandbewohner tierisch aufregen, weil sie dann einem Dauerrauschen ausgesetzt sind.
Waldschlößchen
Es wird der Bau eines neuen Verkehrszuges am Waldschlößchen empfohlen. Damit sollen Verkehrsströme entbündelt werden. Das ist gut für die Neustadt, aber sicherlich zum Nachteil von Blasewitz, Striesen und Johannstadt. Vielleicht wäre ein kleiner Tunnel das Richtige?
Stadtentwicklung
Die zwei folgenden Absätze fand ich doch sehr bemerkenswert. Dresden hat sich in den letzten 15 Jahren wohl absolut ungünstig bezüglich des Lebensraumes Stadt entwickelt.
These der bedeutsamer werdenden Stadtökonomie:
Mit der Entdichtung der Stadt im Inneren und deren Ausuferung in das Umland gehen zunehmend wesentliche ökonomische Vorteile und Qualitäten großstädtischen Lebens verloren. Die Effektivität und Auslastung des Öffentlichen Personennahverkehrs und der stadttechnischen Netze, die Wirtschaftlichkeit des Straßennetzes und der kommunalen Dienstleistungen, die fußläufige Erreichbarkeit von Einrichtungen, die großstädtische Nutzungs- und Erlebnisdichte, die Standortvorteile kundenorientierter Unternehmen – alle auf Dichte basierenden Aspekte großstädtischen Lebens und Wirtschaftens, wie sie die traditionelle Stadt europäischer Prägung charakterisieren, stehen mit den gegenwärLuftreinhalte- und Aktionsplan für die Stadt Dresden (Entwurf Jan. 2007) Seite 107 tigen Entwicklungstendenzen zur Disposition.
Dresden ist in der Historie Vorreiter moderner, zentraler Ver- und Entsorgungssysteme gewesen und hat damit beispielgebend die stadtökonomische Erschließungsplanung europäischer Städte geprägt. Auch in Zeiten komplexer Stadtstrukturveränderungen sind die engen Verflechtungen von Infrastruktur und Stadtstruktur zu beachten, d. h. vom Stadtstrukturumbau losgelöste Diskussionen zu Schließungen sozialer Infrastruktureinrichtungen einerseits und Ausbauplänen technischer Infrastruktur andererseits würden der ökonomischen Stärke der Stadt schaden.
Dazu fällt mir eine Grafik ein, die hier schon mal veröffentlicht hatte.
Quelle: Landeshauptstadt Dresden, Referent für nachhaltige Entwicklung, Lerm/Blätterlein, Grafik: Milde
Mein Minifazit
Alles in allem wird der MIV (motorisierte Individualverkehr) in Zukunft weiter zurücktreten müssen. Das betrifft auf ihr Fahrzeug angewiesene Berufstätige (z.B. Handwerker) ebenso wie Berufspendler. Für Pendler werden jedoch in Zukunft weitere Verbesserung erfolgen müssen, so dass diese in Zukunft nicht mehr mit dem Auto in / durch die Stadt fahren müssen. Im allgemeinen muss Mobilität besser gehandhabt werden, was jedoch ein sehr komplexes Vorhaben wird, da die Anzahl der Kollisionspunkte aller Beteiligten unheimlich hoch ist. So wäre es auch für den Berufstätigen mit Arbeitsfahrzeug absolut kein Problem durch Dresden zu kommen, wenn die Pendlerströme auf andere Verkehrsträger gelenkt würden.
Leider fehlen mir zwei zentrale Punkte im Entwurf. Erstens wäre eine Prozessbeschreibung sinnvoll, wie der Plan dauerhaft an die sich ständig ändernden Bedingungen angepasst werden soll. Ich denke da an das Prinzip der Rückkopplung. Es wäre doch schön, wenn diese Plan aller zwei Jahre eine Auffrischung bekäme. Zum zweiten stört mich die extrem kurze Zeit in der die Bevölkerung einbezogen wird. Warum ist es nicht möglich, ständig ein Ohr für die Bevölkerung zu haben? Vielleicht sind die Organisationsprozesse der öffentlichen Verwaltung nicht dauerhaft rückkopplungsfähig? Ach ja, vielleicht wäre es auch sinnvoll einen Plan für das gesamte obere Elbtal (Meißen bis Pirna) zu machen, da die Tallage ja wohl alle Gemeinden betrifft.
PS: Die Webseite von Dresden.de wurde neu gestaltet.
Diese Regelung wird gleaube ich von vielen noch gar nicht in ihren weitreichenden Wirkungen verstanden. Unglaublich viele Neustädter dürfen damit nicht mehr ihre Wohnung mit ihrem Auto anfahren und noch mehr Dresdner nicht mehr mit ihrem Auto in die Neustadt. Ich habe einen Euro2 Norm Diesel mit Kat. von 1999 und hätte nicht damit gerecht jetzt schon ausgesperrt zu sein! Ab 2010 kommt dann übrigens schon die nächste Verschärfung. Was ich nicht verstehe, warum die Neustadt? Und ist das evtl. gewollt, dass dort nur noch Leute mit neuen Autos automobil wohnen können? Nicht falsch verstehen, ich bin als Radfahrer pro Radfahren, aber trotzdem auf das Auto angewiesen! Ich finde auch alte Wohnmobile die nur selten als tägliche Autos in der Neustadt rollen, stellen nicht das Problem dar. Sie wären aber ab 1.1. total tabu. Löst diese Umweltzone die Probleme mit Feinstaub? Wann kommt das Kohleofenverbot? Wann wird Öko zum Sozialschwert? Was macht eine alleinerziehende Mutter mit einem alten Auto und Hartz4? Auf einen neuen VW umsteigen? Da zieht sie wohl eher aus der Neustadt weg oder erleidet eine massive Einschränkung ihrer Mobilität. Alles Fragen, die mir nach etwas tieferer Beschäftigung kommen. Ich fürchte insgesamt mit dem Thema, den steigenden Mieten und den Polizei/Kamera Ideen wird grad alles getan die Neustadt massiv und unumkehrbar zu verändern. Ich hoffe eine DISKUSSION kommt schnell in Gang, denn bis Mitte Februar können nur Einsprüche bzgl. UMWELTZONE geltend gemacht werden.
Du sagst es. Die Umweltzone wird vielleicht nicht immer aktiv sein, ev. nur bei schlechter Luft und Wetterlage.
Das Ziel der Umweltzone ist klar. Entlastung für die Anwohner. Das dies auch durch generell weniger Verkehr machbar wäre, scheint den wenigsten klar zu sein. Aber vielleicht wollen die Neustädter auch gar nicht vom Dreck befreit werden? Mir scheint da eher eine Vision für Mobilität der Dresdner für ihre Stadt zu fehlen. Und so eine Vision zu entwerfen die von allen getragen wird, sollte bei dem Ausufern der Stadt alles andere als einfach sein. Der Weißiger hat eben eine ganz andere Meinung als der Neustädter. Der eine wohnt jwd, der andere sehr zentral. Der eine hat super ÖPNV, der andere nur eine Buslinie.
Im übrigen ist man in Dresden ohne Auto in seiner Mobilität in keinster Weise eingeschränkt. Man muss es nur etwas anders machen.
Pingback: Umgebungsgedanken » Blog Archiv » Aufregung um die Umweltzone in Dresden
Pingback: Umgebungsgedanken » Blog Archiv » Wenn Demokratie von oben versagt, wurzelt sie von unten
Pingback: Umgebungsgedanken » Blog Archiv » Gedanken zum Teil 8 der Dresdner Visionen