Verzichten LOHAS?

Der Begriff «LOHAS» ist ja nicht ganz neu. Es gibt sogar das Blog zum Begriff. Eines steht fest, es sind Menschen die einen bestimmten Lebensstil pflegen. Det Müller von lohas-blog.de schreibt:

LOHAS steht für „Lifestyle of Health and Sustainability“, dem Lebensstil, der sich an Gesundheit und Nachhaltigkeit orientiert. Er gilt heute als Synonym für Wertschätzung, Nachhaltigkeit, Dankbarkeit und strategischen Konsum. Gelebt wird er von den „Kulturell Kreativen“.

Soweit so gut. Bevor ich aber schreibe, was ein grosser deutscher Verlag von den LOHAS hält, präsentiere ich erstmal meine Sicht.

Mein Bild von den LOHAS

Für mich sind LOHAS Menschen, die sich über ihre Handlungen und deren Folgen mehr im Klaren sind, als die Mehrheit der Mitglieder unserer Gesellschaft. Ihnen ist das Konzept der Nachhaltigkeit bekannt und wichtig. Sie wissen, dass sie irgendeine aktive Rolle bei der Ausgestaltung ihrer Zukunftsvisionen einnehmen müssen. Der Minimalansatz von LOHAS ist ein verändertes (Konsum-)Verhalten, was sich von allein auf die Gesundheit auswirkt. Ein LOHAS geniesst und schränkt sich ein.

Mehr Worte will ich dazu nicht verlieren. Viel interessanter ist, was andere über LOHAS denken, namentlich der Spiegel-Verlag. In diesem Verlag erscheint die Wochenzeitung «Der Spiegel» und «spiegel-online.de».

LOHAS aus Sicht des Spiegel-Verlages

Vor zwei oder drei Tagen hat mir irgendein Sammelfeed zum Begriff Nachhaltigkeit folgenden Link in den Feedreader gespült:
http://www.inar.de/blog/verlage/20090108/der-spiegel-mediaplanung-mit-den-lohas.html
Darin wird verkündet, dass die Abteilung Anzeigenvermarktung des Spiegel-Verlages eine Broschüre zu den LOHAS herausgebracht hat. Ich dachte mir, dass dies eine gute Gelegenheit sei, mal die eigenen Vorstellungen mit der Realtät abzugleichen. Also habe ich ein E-Mail geschickt und umgehend die Broschüre erhalten. Ich stelle die Broschüre euch einfach mal zum Download (1,7 MB pdf) zur Verfügung, warum die Spiegel-Fritzen das nicht machen, ist mir unklar.

spiegel_lohas_broschuere

Zum Herunterladen anklicken (pdf)

Beim Lesen der Broschüre ist mir aufgefallen, dass die LOHAS sich mit folgende Themen umgeben:

  • Nachhaltigkeit
  • Fairness
  • Ressourcengerechtigkeit
  • statusbewusste Konsumelite
  • ökologische Denkweise und globalisierungskritische Argumentation
  • bei Kosmetika, Reisen, Autos, Möbeln, Mode oder Energie zeichnet sich der Konsumstil der LOHAS
  • patriotisch
  • markenorientiert

Merkt ihr was? Da passt was nicht zusammen. Ich deute mal: LOHAS sollen konsumieren, aber sich nicht einschränken. Wie soll das bitte gehen? Ich versuche mir gerade 9 Millarden LOHAS im Jahre 2050 auf dem Planeten Erde vor. Alle wollen sie einen Toyota Prius (Generation 20 oder so) fahren, Reisen ins Bio-Wellness-Hotel in die unberüherte Natur machen und natürlich immer die letzte Mode tragen.

Ich zitiere nochmal:

Früher: Verzichtorientiert, Antihaltung, Umweltschutz durch Verzicht

Heute : Konsumorientiert, Aktivhaltung, Umweltschutz durch Nachhaltigkeit

Und dort ist es nochmal ausformuliert. LOHAS verzichten nicht. Den selben Gedankengang zitiert das LOHAS-Blog  mit dem  LOHAS-Credo von karmakonsum.de.

Drei verschiende LOHAS?

Etwas gegensätzlich wirkt der ebenfalls im LOHAS-Blog verwiesene Artikel des Internetmagazines Telepolis. Ich zitiere wieder:

Was ist aber nachhaltiger Konsum wirklich? Vereinfacht lassen sich drei Stufen von Nachhaltigkeit beim Konsum ausmachen.

  1. Konsum nachhaltiger(er) Produkte, bei gleicher Menge und Konsumqualität, etwa die erwähnten Hybridautos, das Passivhaus, Energiesparlampen, heruntergedrehter Standby-Verbrauch, Biolebensmittel, Fair Trade-Waren usw.
  2. Konsumreduktion bei gleichbleibender Konsumqualität, also ohne Verlust des konsumgebundenen Lebensstandards. Das hieße dann etwa, sein Auto statt 5 eben 12 Jahre zu fahren, ein Notebook oder Mobiltelefon bis zum technischen Lebensende zu nutzen, usw.
  3. Konsumverzicht, oder moderner ausgedrückt: Suffizienz, also gänzlich auf das Auto verzichten (durch Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel), kein Kauf eines HD-Flatscreen-Geräts, mäßiges Essen und Trinken, keine teuren Weihnachtsgeschenke, keine Fernreisen mehr.

Diese Dreistufigkeit ist da schon erhellender. Das Spiegel-Marketing scheint Werbung für die „LOHAS 1. Grades“ (bezogen auf die Nummerierung) aquirieren zu wollen. Und genau das ist mein Problem mit dem LOHAS-Begriff.

Um die Welt zu retten™, müssen wir Industriestaatenbewohner den Gürtel enger schnallen und unseren Lebenstil auf ein global verträgliches Maß anpassen. Der „LOHAS 1. Grades“ scheint dieses Niveu nicht erreichen zu können. Meinem Gefühl nach, müsste man LOHAS vom Grade 2,75 (also eher 3. statt 2. Grades) sein, damit wirklich eine Entwicklung in Richtung Nachhaltigkeit einsetzt.

Fazit und Selbsteinordnung

Eine Aufweichung bzw. weiche Bezeichnung des LOHAS-Begriffes hilft nur denen, die mit den LOHAS Geld verdienen wollen. So ist die Anzeigenbroschüre auch nur ein Produkt „der alten Welt“, in der mit den selben Methoden Geld verdient werden soll. Mir erscheinen die LOHAS einfach nur Kategorie in einer Gesellschaft, die sich immer noch über den Konsum definiert. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass der inflationäre Gebrauch der Worte „Nachhaltigkeit“ und „LOHAS“ die Idee dahinter verwässert und wirkungslos macht. Zwei Beispiele:

  • Fünfmal in der Woche Biofleisch zu essen, klingt eben gut, ist aber letztlich schlecht.
  • Elektroauto fahren ist sexy, (Elektro-)ÖPNV fahren wäre besser.

Wirklich helfen können vielleicht nur die LOVOS, das sind Menschen die aktiv (Konsum-)Verzicht ausüben. Die LOVOS wären durch eine Anzeigenbroschüre vielleicht darstellbar, jedoch als Zielgruppe völlig irrelevant.

Ich selber würde mich im Moment irgendwo zwischen dem 2. und 3. der oben genannten Punkte einordnen. Nicht zuletzt deshalb, weil mein Urlaub im Jahr 2008 eine richtige Umweltsünde war. Und damit hätte ich mich endlich auch mal mit diesen neumodischen Begriffen auseinander gesetzt. :mrgreen:

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736 Antworten zu Verzichten LOHAS?

  1. Markus sagt:

    Sehr schöner Artikel! Regt zum nachdenken an. Ich sehe das grundsätzlich ähnlich, bin allerdings nicht so kritisch mit den Menschen, die einen konsumorientierten LOHAS pflegen. Keine Frage, ein LOHAS auf der 3. Stufe ist nachhaltiger, aber irgendwo muss man ja mal anfangen.

    Um die gesamte Bandbreite der Gesellschaft anzusprechen, ist ein konsumorientierter Ansatz zur Zeit sicherlich ohne Alternative. Das löst natürlich nicht die Probleme unserer Welt, ist aber ein Anfang. Aber wer sich einmal für einen bewussten Konsum entschieden hat, der hat sich auf den Weg begeben und wird hoffentlich versuchen sein Leben nach und nach immer nachhaltiger zu gestalten. (siehe hierzu auch http://blog.einfachnachhaltig.de/was-bin-ich-auf-der-suche-nach-der-nachhaltigen-identitaet/)

    Wenn die “kulturell Kreativen”, an denen sich die Gesellschaft oft ein Vorbild nimmt, hier einen „coolen“ Lebensstil vorleben, wird dadurch hoffentlich eine Sogwirkung ausgelöst, die unsere Gesellschaft nachhaltig verändert.

  2. Heiko sagt:

    Schaut man sich die Klientel der Bio- und Feinkostläden an, ist leicht ihre Position in der Gesellschaftsschicht zu erkennen. Nicht umsonst haben einige Angst und sprechen von einer Art Ökofaschismus in der sich nur die Reichen gesunde Nahrung leisten können.

    Es ist traurig daß es überhaupt soweit kommen konnte, daß Nahrung, besser „Leben“smittel, dergestalt in ein ungesundes Produkt verwandelt wurde. Beim Blick auf die Dritteweltländer nimmt das ganze noch an Steigerung zu. Dort werden angefangen durch Abhängigkeit von WTO und Saatgutkonzernen die natürlichen Anbaumethoden zerstört und die Menschen regelrecht versklavt.

    Trotzdem kann man der Bewußtwerdung durch die Bio- und Ökobewegung nur dankbar sein. Auch wenn es ein Gut ist, daß vor der Industrialisierung in den westlichen Ländern den meisten Menschen bekannt war.

    Was erwartest du zum Thema „Verzicht“? Ein Wirtschaftssystem was sein ganzes Augenmerk auf Wachstum legt, auf einmal konfrontiert mit … ^^

  3. Mathias sagt:

    Der Artikel ist durchaus sehr interessant. Das muss ich schon zugeben.

    Heiko… ich habe zwar nicht so viel Geld, aber ich nutze das Angebot an Bioprodukten auch. Es stimmt schon, dass sie sehr teuer sind und ich finde, das manche Sachen sehr übertrieben sind, denn nicht alles muss Bio sein. Allerdings ist Gemüse und Obst von einem Biobauern viel besser als das andere Zeug.

    Ich kann dir auch nur zustimmen. Es ist schon hart, was sich da alles tut. Vor allem in diesen Dritteweltländer. Ich hoffe, dass sich in naher Zukunft in der Hinsicht einiges ändern wird.

  4. Stefan sagt:

    Ich frage mich, wer sich immer diese sinnlosen Akronyme ausdenkt…

  5. Pingback: The Green Edge: Über LOHAS | naturgetr.eu

  6. Matze sagt:

    Sehr interessanter Beitrag zum Thema:“LOHAS“. LOHAS verzichten auf jeden Fall und leben nachhaltiger. Hoffe wie Markus auf eine Sogwirkung für unsere ganze Gesellschaft….wird vll noch etwas dauern 😉

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