Ist Verzicht das Gebot der Stunde?

Meine Leser haben den ein oder anderen Unterton in den letzten Wochen sicher schon wahrgenommen. Heute stelle ich die Frage direkt, unter anderem weil ich zwei Verweise in die klassischen Medien habe.

In beiden Artikeln wird mehr oder weniger deutlich, dass Verzicht von überflüssigen oder fragwürdigen Produkten durchaus angebracht wird. Die taz schreibt sogar:

Jetzt ist nicht nur das Vertrauen in die Banken geschwunden, sondern auch das Vertrauen in den Markt als Maschine, der man beruhigt die Moralproduktion überlassen kann. Es ist also an der Zeit, diese wieder selbst zu übernehmen, sie zu internalisieren, sie in den Einzelnen zu verlegen.

Dieses Zitat ist durchaus bemerkenswert. Wenden wir es mal auf die Textilbranche an. Seit dem ich über die schlechten Bedingungen in der Textilbranche (miese Bezahlung von Baumwolle, Bollgard und Kinderarbeit) weiß, gehe ich noch weniger gern Klamotten kaufen. Denkbar wäre sogar, dass ein Skandal, der nur  einen einzelnen großen Verkäufer/Händler/Hersteller betrifft, die ganze Branche in Misskredit bringt. Als aufmerksamer und bisher vertrauensseliger Mensch stehe ich nun wieder im Laden und frage:

  • Wurde die Baumwolle fair bezahlt?
  • Haben Kinder mitgearbeitet?
  • Kann ich diese Textilie mit ruhigen Gewissen kaufen?

In der Regel sind die FachverkäuferInnen damit dann völlig überfordert. „Früher“ hat niemand solch globalen Fragen nach Moral und Ethik gestellt (Vertrauen in den Markt). Und heute schaffen es die wenigsten Firmen sich dieser Herausforderung zu stellen.

Betrachten wir die Sache mal längerfristig. Tausch, Handel und Märkte waren schon immer eine Vertrauenssache und erleichterten das Überleben. Irgendwann war so viel Überfluss vorhanden, dass das Angebot größer als notwendig war. Und dann werden wohl die ersten Unternehmer ausgeschert sein (oder eher?) und haben das Angebot mit „bösen“ Produkten bereichert, um sich selbst mit größeren Marktanteilen zu bereichern. Diese Prozesse werden sich wahrscheinlich immer wieder abgespielt haben und finden heute ihren Höhepunkt. Keiner mag sich mehr auf den anderen verlassen, Geld(-ersparnisse) werden wichtiger als alles andere. Geschäftsmoral ist eigentlich fast keine mehr vorhanden.

Wie reagiert man in diesen Situationen?

Setzt man voraus, dass das Geld-ausgeben eine Wirkung hat, dann gibt man sein Geld eben dort aus, wo man keinen Schaden anrichtet. Das wäre dann eine Konsummelange die folgende Attribute hat:

  • vorwiegend lokal
  • „bio“
  • fair
  • verzichtsorientiert

Versteht mich nicht falsch, es soll keiner nakt herumlaufen oder hungern. Sondern es geht eben darum funktional langlebige Produkte zu kaufen, damit die Naturressourcen für sich selbst da sein können und nicht nur für den Menschen. Aufs Essen bezogen hieße das: viel weniger Fleisch futtern, viel mehr vegetarisch essen. Im Bezug auf den Schweizer Schoggihasen hiese das: Finger weg, Möhre knabbern. Das sorgt im Endeffekt dafür, dass im Kakaoursprungsland weniger Kakao gekauft wird und es den Leuten dort wahrscheinlich noch schlechter geht. Möchte man diesen Effekt begrenzen, so verzichtet man eben nicht ganz auf die Schokolade, sondern kauft eben fair-trade.

Alternativ kann man versuchen, sich von Liebe und Luft zu ernähren.

Schlägt dies fehl, kann man es auch den indischen Askesemeistern gleichtun, die sich von einem Minimum ernähren und den ganzen Tag im Schneidersitz vor sich hinmeditieren. (Vorsicht: Klischee!)

Welchen Nutzen hat mein verändertes Verhalten?

Zusammenfassend würde ich es so formulieren: Gibt man weniger Geld für viel schlechte Qualität aus, bleibt mehr Geld für weniger gute Qualität übrig. Damit wird auch das Spannungsfeld deutlich, in denen sich Konsum-Plattformen wie Utopia.de oder bringmirbio.de bewegen. Vielleicht reicht es auch aus, weniger zu arbeiten, damit:

  • man wieder selber mehr wesentliche(?) Dinge erledigen kann,
  • anderen Raum zum Arbeiten gibt,
  • zu sich selbst und damit
  • zu einer gesunden Gesamtheit finden kann.

Abschliessend kann ich euch noch eine kleine Andeutung zum Thema „Geschäftsmoral“ bieten. Ich schreibe ja nicht alle Dinge meines Privatlebens hier sofort ins Blog. Aber letztens gab es warf ein sehr freudiges Ereignis seinen Schatten voraus, was durch sehr seltsame Ansichten von Dritten gegenüber Geld zunichte gemacht wird. Reto dürft jetzt vielleicht schon wissen was ich meine. Wenn dieses kleine Kapitel abgeschlosssen ist, dann habe ich eine richtig schöne Geschichte.

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