Ein längerer Kommentar zum G8-Gipfel. Ich beleuchte mal einige Überschriften aus den Schlaglichtern dern deutschen G8-Agenda. Ich beziehe mich auf die pdf-Version.
Nachhaltige Investitionen
In Afrika soll das Investitionsklima für die Privatwirtschaft verbessert werden. Das kann ich solange befürworten, solange die Investitoren keinen Gewinn zu Lasten der dortigen Bevölkerung machen. Was der eine gewinnt, verliert der andere.
Unter nachhaltigen Investitionen verstehe ich die Hilfe zur Selbsthilfe. Also die gezielte Vermittlung von Wissen und Methoden um die eigenen Probleme zu lösen. In erster Linie würde ich dort Bildungsexport und Befreiung von Wissensbarrieren betreiben. Da besteht im übrigen ein Zielkonflikt mit dem Thema „Innovationen fördern – Innovationen schützen“. Soll den Schwellenländern etwa veraltete und nicht nachhaltige Methodik geschenkt werden, um die eigenen nachhaltigen Bemühungen zu schützen? Das klingt wie gute Miene zum bösen Spiel. Wenn jemand die neuesten Möglichkeiten braucht, dann sind das Schwellen- und Entwicklungsländer, damit diese erst gar keine nichtnachhaltige Gesellschaftsordnung entwickeln.
Warum wendet man nicht gleich nachhaltige Methoden in den Schwellenländern an? Dort kann man direkt am lebenden Objekt arbeiten und ausloten wie nachhaltiges Wirtschaften funktioniert. Wenn die Schwellenländer die Kurve bekommen, dann könnten wir mit unseren veralteten Denkweisen auch mal was von denen lernen. Bei der Gelegenheit könnte man ruhig auf gleicher Augenhöhe Handel treiben um die Vorteile einer jeden Landschaft global zu nutzen. So macht es zum Beispiel Sinn dort Textilien oder Stoffe zu produzieren wo auch der Rohstoff wächst. Bei uns könnte man im übrigen sehr gut Nutzhanf und Flachs anbauen und zu Klamotten verarbeiten. Da könnte man sich auch Stilllegungsprämien sparen.
Investitionen, Innovationen, Nachhaltigkeit
Die Reihenfolge ist irgendwie falsch. Anders herum sollte es sein. Man überlegt sich eine Nachhaltigkeitsstrategie, entwickelt nötige Innovationen und investiert dann. Womöglich wäre es aber die letzte Investition, da danach der Laden von alleine läuft. Das könnte ja schlecht für das G8-Kapital sein.
Soziale Gestaltung der Globalisierung
Das ist ja ein richtiger Treppenwitz. Wir schaffen es ja nicht mal die nationale/europäische Wirtschaft sozial zu gestalten. Wie soll man da erst global agieren? Solange illegale afrikanische Immigranten in Südspanien Gemüse für unsere Geizdiscounter arbeiten, brauchen wir gar nicht auf der Weltbühne rumposaunen es besser machen zu wollen. Und wenn sich der Lohn von zwei Facharbeitern in gleichen Positionen im selben Betrieb um rund 100% unterscheidet (BMW-Werk Leipzig) dann würde ich eher von tiefster Asozialität sprechen.
Rohstoffe
Die sollen irgendwie zertifiziert werden. Bleibt nur die Frage wie man die Zertifizierer überwacht. Ich rieche da ein ganz dickflüssigen schwarzen stinkenden Sumpf von Korruption. Ach ja, geht es den Menschem im Kongo mittlerweile besser?
Energieeffizienz
Wie man weiß, hinkt das C02-Niveau dem Temperaturniveau hinterher. Es bringt gar nichts einen beträchtlichen Anteil der erzeugten Energie in die Abscheidung und Verflüssigung von Kohlendioxid zu stecken. Das wäre sogar ineffizient. Energie sparen sollten wir, wir die G8 und nicht die Schwellenländer. Und da klingen auch 20 % Benzineinsparung der USA absolut lächerlich. Die brauchen sich nur mal alle die sparsamen Autos der Europäer und Asiaten kaufen. Da sparen die am Ende weit mehr als nur 20 % Sprit. Den fetten Sound der 8-Zylinder kann man ja konservieren. 😉
Frieden und Sicherheit
Ja ja, die afrikanische Union soll aufgerüstet werden. Am besten von den Rüstungsbetrieben der G8. Warum werden die dortigen Waffen der nichtstaatlichen Armeen nicht vernichtet? Wo ist das klare Statement Kindersoldaten von ihren Waffen und Chefs zu befreien und sie in die Schule zu schicken? Bekriegen sollen sie sich wohl in Afrika, damit die G8 dort ständig „Aufbauhilfe“ leisten können. Es wäre ja zu schlimm, wenn man dort irgendwann keine lukrativen Hilfsleistungen mehr bräuchte.
Mein persönlicher Vorschlag wäre das Einschmelzen der ganzen illegalen Waffen dort und die Nutzung des Stahls für die Herstellung von Lebensmittelinfrastruktur. Im übrigen wäre esnicht verkehrt diesen Prozess gründlich zu begleiten. Beobachter der UNO und OSZE würden sich über dieser Aufgabe sicher freuen.
Fazit
Wenn die G8 es wirklich ernst meinen, dann sollten sie selber auf eigenes Wachstum verzichten und eher versuchen das Niveau zu halten. Das allein sollte recht schwer fallen, wenn man wirklich nachhaltig wirtschaften will. Wer löst z. B. das Mobilitätsproblem? Der hohe Spezialisierungsgrad macht Mobilität erforderlich, doch wie soll man die Mobilität gestalten? Energieeffizient müsste man sie gestalten. Dazu gehört auch, dass PKWs ein wesentlich besseres Verhältniss von Nutzlast zu Eigengewicht bekommen müssen. Falls wir uns in diesem Prozess neue Autos kaufen müssen, so sollten wir auch unbedingt darauf achten, die alten nicht ins Ausland zu exportieren sondern sie als Rohstoffquelle für die neue Generation zu nutzen.
Alles in allem fällt es mir schwer zu glauben, das der Gipfel zur Verbesserung der menschlichen Verhältnisse auf dem Planeten beiträgt. Aber ich würde mich gern eines Besseren belehren lassen.
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