Energieaußenpolitik

Mari Roald Bern schreibt in der readers-edition über ein Gespräch mit einem Mitarbeiter des Außenministeriums folgendes:

Im Gespräch mit Herrn Frans Umback vom deutschen Außenministerium habe ich mich zum zweiten Mal erschrocken. Er behauptete, dass wir Kriege um Energie und Rohstoffe werden führen müssen. Deshalb müsse Deutschland neu investieren: erstens in Atomkraftwerke und zweitens in Kohlekraft, denn ein Mix aus verschiedenen Energiequellen sei nötig. Seiner Meinung nach ist es zu riskant, den Atomausstieg jetzt (oder 2010) zu vollziehen, weil Deutschland ohne Atomtechnologie verletzlicher sein wird, wenn die Kriege um Energierohstoffe ausbrechen werden.

Diese Zeilen gaben für mich mal Anlaß nach der deutschen Energieaußenpolitik im Internet zu suchen. Als erstes wird man sehr schnell auf den Seiten des Auswärtigen Amtes (AA) fündig. Leider stehen dort nur abstrakte Phrasen. So steht dort nicht, dass Deutschland in hohem Maße auf Energieimporte angewiesen ist. Je nach fossilem Brennstoff gibt es in Deutschland Importqouten zwischen 60 und 100%. Deutschland muss also international aktiv sein, damit bei uns in Westeuropa nicht das Licht ausgeht.

Interesse weckt die auf den Seiten des AA verlinkte Veranstaltungsreihe „Energiesicherheit und internationale Beziehungen“, welche zuammen mit dem Veranstaltungsforum der Holtzbrinck-Gruppe durchgeführt wurde. Wie in Deutschland üblich, findet man dort gar keine Dokumentation der Veranstaltung. Einzig ein Verweis auf die Eröffnungsrede von Herrn Steinmeier findet man dort. So landet man wieder beim AA und kann die Redevom 16.2.2007 im Wortlaut nachlesen. Beim AA gibt es ebenfalls eine Website zur Veranstaltungsreihe. Dort ist noch eine weitere Rede verlinkt, welche Staatsminister Erler am 24.5.2007 hielt. Er hinterfragt die Zukunft der Energie und sucht eine mögliche Antwort in neuen Foren und Institutionen. Ein Zitat aus seiner Rede:

Es hat sich in jüngster Zeit gezeigt, dass es in dem sensiblen Bereich der Öl- und Gasversorgung einen spürbaren und besorgniserregenden Mangel an gewachsener Dialog- und Stabilitätskultur gibt.

So wie ich die Reden verstanden habe, gibt es für Deutschland nur eine Richtlinie in der Energieaußenpolitik. Frieden schaffen um anschliessend Rohstoffe sichern zu können. Wir können uns also darauf verlassen, dass der Bundeswehr die Auslandseinsätze nicht ausgehen.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch das Blog robertamsterdam.com, welches auch über Energiefragen aus russischer Sicht schreibt. Ein weiterer Artikel beschreibt die zusätzlichen Gaslieferanten Algerien und Norwegen.

Damit nicht genug, gibt es auf dem Blog „Der Salon“ noch einen Link zu einer Studie der Bertelmann-Stiftung mit dem vielsagenden Titel „Europa im Wettlauf um Öl und Gas“ (pdf). Darin heißt es, dass 2030 60% mehr Energie verbraucht werden als im Jahre 2002. Ausserdem steht dort:

Europa ist besonders anfällig für die Entwicklungen in Russland und dem Nahen Osten, weil die Diversifizierung seiner Bezugsquellen (noch) vergleichsweise gering und es deshalb (bislang) auf Lieferungen aus zwei Staaten bzw. Regionen angewiesen ist. Allein: Faktisch alle Staaten in Zentralasien, im Kaukasus und in Afrika, welche die Europäer als alternative Öl- und Gaslieferanten im Blick haben, weisen ähnliche oder gar identische politische, wirtschaftliche und soziale Probleme im Innern auf wie Russland und die Länder des Nahen Ostens.

Wird Deutschland tatsächlich ein Ziel des Terrors aus dem Nahen Osten weil wir unsere Finger in deren Land bohren, um unseren Energiehunger zu stillen?

Jetzt kommt es aber ganz dicke:

Zentraler Ansatzpunkt der durch politischen Dialog und ökonomische Anreize – und nicht durch Abschottung oder Konfrontation – betriebenen EAP (europ. Außenpol.) sind die wechselseitigen Abhängigkeiten, die zwischen dem Abnehmer EU auf der einen und den Produzenten- und Transitstaaten auf der anderen Seite existieren. Schließlich hat nicht nur die EU ein maßgebliches Interesse an verlässlichen und dauerhaften Energieeinfuhren. Stabile Energiebeziehungen sind auch im ureigenenInteresse der Produzenten- und Transitländer. Diese sind in vielen Fällen von Einnahmen aus dem Öl- bzw. Gasexport abhängig. Zudem benötigen die Staaten Investitionen, um ihre Produktionsund Transportfähigkeiten zukunftsfähig zu machen.

Man soll also wechselseitige Abhängkeiten ausnutzen. D.h. die Länder aus denen man Energierohstoffe importieren will, soll man mal hübsch an der kurzen Leine halten, damit die nicht plötzlich souverän werden und uns Europäern keine Energie mehr verkaufen. Wir haben hier also einen handfesten Interessenkonflikt mit der Entwicklungspolitik und die Bertelsmann-Stiftung in ihrem Menschenbild. Oder habe ich diese Zeilen falsch gedeutet? Alternativ könnte man die Förderländer ja auch gänzlich auf eigene Beine stellen, damit diese in Zukunft ihre energieintensiven Produkte selber herstellen können. Das würde aber bedeuten, dass D definitiv weniger Produkte exportieren wird. Und warum zum Henker fummelt die Bertelsmann-Stiftung in dem Thema mit herum? Den Wunsch nach Energieautarkie kann ich beim besten Willen nicht herauslesen. Ist das etwa nicht zukunftsfähig?

Auf energieverbraucher.de heißt es:

(18. Juni 2006) Die europäischen Staats- und Regierungschefs beschlossen bei ihrem Gipfeltreffen in Brüssel die Entwicklung und Durchführung einer Energieaußenpolitik. Das meldet die Online-Agentur NGO-Online. Hierbei solle gegebenenfalls auch auf militärische Instrumente zurückgegriffen werden. Dies geht aus den „Schlussfolgerungen“ der Staats- und Regierungschefs vom 16. Juni 2006 hervor. Darin heißt es, die EU müsse sich fortwährend dem globalen Wettbewerb um den „Zugang zu immer knapper werdenden Energiequellen stellen“. Sie fordern daher mit dem Ratsvorsitz, der Kommission und dem Hohen Vertreter für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) die zuständigen EU-Gremien auf, die Arbeiten „zur Entwicklung und Durchführung einer externen Energiepolitik unter Einsatz aller verfügbaren Instrumente einschließlich der GASP und der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) voranzubringen“.

Damit sind wir wieder beim Thema: Militär für Energie.

Zum Abschluß will ich noch auf ein ca. 5 MB grosses PDF des Forschungsverbundes Sonnenenergie hinweisen, welches zum Download (5MB, pdf) bereit steht. Bisheriges kurzes Durchschauen des Dokumentes machte aber deutlich, dass gehörige Anstrengungen nötig sind, um nachhaltig Energie bereit stellen zu können.

Ich fasse also mal zusammen: Es wird defintiv mehr Mitspieler auf dem globalen Energiemarkt geben. Die Bandagen des Kampfes um die Quellen werden mit Sicherheit härter und somit sinkt auch die Versorgungssicherheit. Die Preise dürften auch nicht mehr fallen, da es ja zunehmend aufwendiger wird fossile Energieträger heranzuschaffen. Die Fortschritte in der Energeieffizienz werden aber durch Mehrverbrauch mehr als aufgehoben. Die CO2-Abscheidung in zukünftigen Kohlekraftwerken ist daher völlig sinnfrei. Vor allem da der Mensch mit gerade mal 1,3 % an den globalen CO2-Emmissionen beteiligt ist.

Alles in allem gibt es zwei Wege, die man einschlagen kann. Entweder Deutschland will Exportweltmeister bleiben und muss somit intensiv um Energieimporte in der Zukunft kämpfen oder wir schalten mal einen Gang zurück und besinnen uns auf eigene Stärken und verbrauchen deutlich weniger Energie in Zukunft, mit einer nachhaltigen Wirtschaft die noch Jahrhunderte weiterlaufen kann. Das schliesst die Nutzung fremder Stärken im partnerschaftlichen Einvernehmen ganz deutlich ein.

Und noch was: Das Thema Energie wird dieses Blog weiter befüllen, da ich als Informatiker ein starkes Interesse habe in Zukunft meinen Rechner zu betreiben. Nur würde ich eben zu gern wissen, welche Betriebsparameter nötig sind, damit ich das auch mit guten Gewissen tun kann.

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18 Antworten zu Energieaußenpolitik

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