Wo leben wir denn mittlerweile? Man muß jetzt schon für saubere Luft klagen. Wenigstens haben wir nun ein gerichtlich festgestelltes Recht darauf.
So ist das eben, wenn Gesellschaften nicht mehr wissen, woher sie kommen und wohin sie wollen. Am Ende muss man sich vielleicht noch dafür verteidigen, wenn man gesund sein möchte. Das ist absurd. Oder vielleicht auch nicht. Vielleicht trifft hier mal wieder der alte Spruch zu: „Aus den Augen, aus dem Sinn!“
Hast du dir eigentlich schon jemals Gedanken darum gemacht, dass Umweltprobleme symmetrische Externalitäten sind. D.h. ein Umweltproblem besteht nur deshalb, weil „Verursacher“ und „Geschädigter“ zur selben Zeit eine knappe Ressource (hier die Umgebungsluft) nutzen wollen. Keine Luftverschmutzung nutzt den Leuten die Atmen wollen, schadet denen, die mit dem Auto fahren und umgekehrt. Sowohl der Umweltschaden, als auch die Reduzierung der Umweltverschmutzung verursacht Koste. Also trägt die arbiträre Zuordnung von Rechten zunächst wenig zur Lösung des Problems bei, vor allem nicht zu einer Lösung die Nutzen und Kosten weiterer Verbesserungen der Luftqualität zum Ausgleich bringen. Dies im Hinterkopf sollte man über ein „Recht auf saubere Luft“ diskutieren. Lesetip: Ronald H. Coase – The Problem of Social Cost (http://www.sfu.ca/~allen/CoaseJLE1960.pdf).
Auf der anderen Seite wäre es einfach viel „cooler“ Konzepte zu entwickeln, die beiden etwas nützen, das Problem also beseitigen.
Im Falle von Verkehr in Städten wäre das ein funktionierendes ÖPNV-System mit Möglichkeit für Individualverkehr.
Für mich sind diese Art von Externalitäten nicht symetrisch.
1) Mensch kommt vor Verkehr. Ohne Mensch keinen Verkehr.
2) Gesundheit ist wichtiger als Mobilität.
Ich würde da ganz klar Prioritäten setzen, vor allem weil die Großstädte vor 80 Jahren auch super funktionierten, ohne dass jeder mit seinem Auto herumfuhr. Das ist zwar naiv, aber nicht beliebig.
Wenn es denn überhaupt einen Fortschritt in der (wirtschaftlichen) Entwicklung gibt, so scheint dieser in erster Linie nicht dazu benutzt zu werden, um die Umwelt (inkl. Menschen) zu entlasten.
Ich finde es eben pervers, wenn wirtschaftliche Entwicklung zu gesundheitlicher Belastung anstatt zur Entlastung führt. Da stimmt in meinen Augen etwas nicht.
Umweltschutz ist aber keine Egomanie und das Problem ist deshalb symmetrisch, weil es hier nicht um deine privaten Denknormen geht. Präferenzen anderer kann man ablehnen, sollte sich aber bewusst sein, dass man sie damit nicht abschafft. Kooperative Lösungen haben etwas mit Kompromissen zu tun, mit Ergebnissen mit denen jede der beteiligten Parteien aus eigener Perspektive gut leben kann. Wann lernen das unsere Umweltschützer eigentlich.
Außerdem sind deine Kriterien nicht so klar zu trennen. Unsere heutige Gesundheit hat sehr viel damit zu tun, dass wir heute sehr viel größere Mobilität haben. Logistik von Lebensmitteln, man kommt schneller zum Arzt. Mit etwas Phantasie kann man die Verbindung zwischen wirtschaftlichen Wachstum und dem Gewinn an Lebensqualität und Gesundheit durchaus erkennen. Die Geschichte der vergangenen hundert Jahre ist kein Ökobauernhof. Der lässt sich nämlich auch nur so komfortabel betreiben, weil im Hintergrund die Dienstleistungen der Industriegesellschaft fleißig mitbenutzt werden. Damit will ich nicht sagen, dass alles so wie es läuft in Ordnung ist, aber dass wir in einer Welt mit Trade-offs leben. Man kann nicht einfach irgendeine Umweltverschmutzung abstellen, ohne auf die Bequemlichkeit verzichten zu müssen, zu deren Produktion die Umweltverschmutzung notwendig war. Die Kunst liegt darin, eine für ALLE zufriedenstellende Kombination von ökologischen und ökonomischen Dienstleistungen zu finden. Alles andere wird in einer Diktatur enden, deren Ergebnisse bekannt sind. Insofern hilft auch keine beliebige Definition von Rechten auf dies oder das unter dem Rückgriff auf irgendeine selbstgebastelte Philosophie.
Städte hatten vor 80 Jahren noch ganz andere Probleme. Überall lag Pferdemist herum und das eine oder andere Tier starb sogar auf der Straße, so dass mancherorts aufgrund der davon ausgehenden hygienischen Probleme schon der Notstand ausgerufen werden musste. Unfälle mit Fuhrwerken und deren Zugtieren waren an der Tagesordnung. Ein etwas genaueres Studium urbaner Geschichte kann einem hier durchaus die Augen öffnen. Dagegen ist die heutige Automobilität das reinste Paradies.
Bevor du die Lanze über dem wirtschaftlichen Fortschritt brichst, fang am besten mit der Frage an, welche Technik du benutzt, wenn es dir gesundheitlich mal wieder richtig an den Kragen geht. Und wirtschaftlicher Fortschritt ist für mich auch, wenn nicht nur ein elitäres Grüppchen, sondern jedermann auf seinem MP3-Player eine Beethoven-Symphonie hören kann. Du magst da von dem guten Leben auf dem Lande träumen. kein Problem. Aber denke daran, dass sind deine Präferenzen. Sei dir bewusst, dass andere ebenso legitim ihre Welt anders als du wahrnehmen. Einvernehmen kann man jedoch nur durch gegenseitig vorteilhaften Tausch herstellen. Also bezahl deine Präferenzen und fordere sie nicht ein.