Müll, da geht er hin – nach Afrika!

Durch Zufall bin ich über die Aussage gestolpert, dass jeden Monat 500 Container voller Elektroschrott nach Afrika ausgeführt werden(?). Dort wird der Müll dann ganz kostengünstig „aussortiert“. Das Video von Frontal 21 zeigt das auch in Bildern.

Jetzt könnte ich mich tierisch darüber aufregen, dass so etwas möglich ist, aber ich lass es lieber. An die Moral von Entsorgungsfirmen braucht man wahrscheinlich sowieso nicht zu appellieren. Das alte Sprichwort trifft den Nagel sicher auf den Kopf: Aus den Augen, aus dem Sinn.

Viel bedenklicher finde ich, dass es an der Durchsetzung der Kontrollen mangelt. Egal ob Gammelfleisch oder Export von „Gebrauchtelektronik“, gefunden wird wohl immer nur die Spitze des Eisberges, von dem 9/10 unter der Wasseroberfläche schwimmen. Es geht quasi um das System. Irgendjemand erlässt eine Verordnung oder ein Gesetz und dieses sieht dann Kontrollen vor. In der Regel werden das Stichprobenkontrollen sein. Wird ein Regelverstoß festgestellt, wird ein Bußgeld verhängt. Und dort ist das eigentliche Problem. Die Kontrolleure sind überfordert und die Strafen zu mild. Es wird das Kontrollorgan nämlich wiederum nicht kontrolliert oder seine Handlungsfähigkeit nicht an die Praxis angepasst. Und somit scheitert der ganz Prozess, bzw. das Gesetz oder die Verordnung.

Für solch ein Dilemma gibt es eine ganz einfache Lösungsmöglichkeit. Man führt verbindliche Rückkopplungen ein. Im Falle das ein Gesetz eine Kontrolle vorsieht, gäbe es innerhalb des Gesetzes noch einen Punkt, der den Umfang und die Durchführung der Kontrollen dynamisch regelt. Praktisch könnte ich mir das so vorstellen (ich beziehe mich mal auf den Beispielcontainer mit Elektroschrott im Hamburger Hafen):

Die Regelung sieht einen Kontrolleur vor, der die Überprüfung vornimmt. Findet dieser einen Regelverstoß vor, dann wird im nächsten Monat die Anzahl der Kontrollinstanzen verdoppelt. Also suchen im nächsten Monat 2 Leute nach verdächtigen Containern. Je mehr Verstösse festgestellt werden, desto mehr wird kontrolliert. Irgendwann pendelt sich das Verhältnis von verdächtigen Containern zu Kontrolleuren ein, es hat sich ein Gleichgewicht eingestellt. Würde das Kontrollverfahren funktionieren, dann müssten die Urheber der Verstösse schnell aus dem Verkehr gezogen sein. Das würde zu einer sinkenden Anzahl verdächtiger Container führen, was wiederum eine sinkende Zahl von Kontrolleuren bedeutet.

Die Natur steckt voller dieser Regelkreise und es funktioniert hervorragend. Warum sollte man dieses erfolgreiche Prinzip nicht mal erfolgreich anwenden? Wahrscheinlich wäre es zu unbequem. Und doch ich bin mir sicher, dass mit funktionierenden Rückkopplungen viele Sauereien in unserem Staate nicht so passieren würden.

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113 Antworten zu Müll, da geht er hin – nach Afrika!

  1. Robert sagt:

    Hallo Stefan,

    also ich denke, dass solch ein System, wie Du vorgeschlagen hast, nicht das Optimale ist. Wäre aber eine Möglichkeit. Denke nur daran, dass ein solches Prinzip für finanzielle Mittel einer jeden öffentlichen Stelle zu Grunde liegt. Dort werden dann auch oft am Ende einer Periode schnell hohe Summen Geld sinnlos verbraten, damit die Summe für die nächste Periode möglichst hoch bleibt.
    So ähnlich könnte es dann bei den Kontrollen sein. Viele Menschen, sichere Jobs -> bekommst Du dann nicht mehr los, als Arbeitgeber, staat == Wasserkopf.

    Das Argument von Frontal war, dass es schlicht ZEITMÄSSIG nicht möglich ist einen solchen Container zu durchsuchen.
    Also schlussfolgere ich daraus, dass die Zeit, die benötigt würde, zu erhöhen, um einen solche Inspektion überhaupt durchführen zu können.

    Ich glaube aber, dass die Zeit eigentlich keine Rolle spielt. Viel empfindlicher wäre ein hohes Bußgeld! D.h. wenn man nur einen Container findet, der nicht den Regularien entspricht, denn würden sich die Anzahl solcher Container in Zukunft von selbst minimieren. Die Leute würden einfach neue Wege suchen.

    Was aber ist schon ein hohes empfindliches Bußgeld? 1EUR? 5EUR? 10% des Wertes? Ich weiß es nicht Ahnung.

    Was aber unser Beispiel in Frontal angeht, frage ich mich, warum Frontal nicht nachrecherchierte und fragte, warum der Container nicht überprüft wurde, obwohl der Container von den Kontrolleuren als Schrott eingeschätzt wurde und die die Ware nicht funktionstüchtig wäre.
    Das Argument Zeit hätten sie hinterfragen müssen.

    Was bedeutet funktionstüchtig? 1 Gerät aus dem Container? 2? 10%? Alle? Auch hier habe ich keine Ahnung.

    Ich habe kein Überblick wie Kontrollen durchgeführt werden. Aber ich habe als Zivildienstleistender mit Ämtern zusammen gearbeitet. Und dort mahlen Mühlen nur sehr langsam, und dann immer nur in eine Richtung. Und wenn sie mahlen, wird es nur im „billigsten Loch“ getan.
    Auch habe ich gesehen, wie bei uns im Heim Lebensmittelkontrollen durchgeführt wurden.

    Ich denke, dass auch die Gammelfleischkontrollen gleich den Containerkontrollen sind. Die Leute sind alle nur Verbeamtet. Der Reiz, wie er in der Marktwirtschaft, ist etwas zu verkaufen, ist gar nicht da. Die Beamten hallten sich nur an das was das Gesetzt besagt.

    Und an dieser Stelle der Beamte müsste man etwas machen.

    Robert.

  2. jensi sagt:

    und ich möchte einer der KONTROLLEURE sein……….lebenslang gut bezahlter Job.siehe erst kürzlich beim Fleischskandal—-man kann nur stichprobenartig kontrollieren…………(denn: „wer soll das bezahlen??!!)

    grussi………………

  3. Stephan sagt:

    Alles kann man eh nicht kontrollieren. Nie. Nur sollte man in gewisser Weise immer reagieren. Und wenn die Kontrolle halt Geld kostet, wird sie gleich erkennbar mit in den Verkaufspreis mit eingerechnet.

    So blöde es klingt, aber wie willst du sonst Qualität sicherstellen? Beim Fleisch kann man ja noch selber entscheiden, was man haben möchte. Billig oder teuer. Aber wie willst du über etwas entscheiden, was außerhalb deiner Einflusssphäre liegt?

    Je komplexer das System, desto aufwändiger ist sein Unterhalt. Zumindest kenne ich spontan kein Beispiel, wo es anders herum wäre.

    @Robert:
    Was nützt die Kontrolle, wenn man auch sie kontrollieren muss? Das ist wie mit den Geheimdiensten. Wer kontrolliert einen Geheimdienst?

    Ich glaube vielmehr, dass wir als Menschen uns in eine Zwickmühle hinein begeben. Wir machen das Leben immer komplizierter und sind irgendwann nicht mehr in der Lage den Überblick zu behalten. Dann geschehen Fehler. Diese müssen ja nicht gleich tödlich sein, aber eine Magenverstimmung vom gammligen Döner ist schon nicht gerade angenehm. Und wer hätte gedacht, dass es sich lohnt, den Müll nach Afrika zu fahren. Aber scheinbar wird irgendwo für die Beseitigung anstatt für die Wiederverwendung/Entsorgung bezahlt. Überhaupt scheint es kein anderes Konzept zu geben, als den „schwierigen“ Müll einfach wegzukippen. Neuartige Konzepte brauchen eben eine Weile, wie zum Beispiel Leiterplatten aus organischem Material.
    Man könnte auch alle Kosten externalisieren. Das bedeutet, dass die fachgerechte Entsorgung im Kaufpreis eines Elektrogerätes gleich im Kaufpreis mit integriert ist. Dann müsste man nur noch prüfen, ob das Gerät wirklich auch irgendwann wieder auseinander genommen wird und nicht irgendwo im Meer versenkt wird. Wenn wirklich alle Kosten externalisiert sein würden, wäre ein Elektrogerät mit „biologischen“ Leiterplatte zwar in der Herstellung etwas teurer, aber dafür in der Entsorgung wesentlich billiger. Dann müsste man den Endverbraucher auch nicht aufklären, warum er „grüne“ Elektronik kaufen sollte, er würde es von sich heraus tun, da sie billiger wäre.

    Letztlich muss jeder von uns ein eigenes Interesse daran haben, dass alles ordentlich läuft. Besteht kein öffentliches Interesse daran, dass z.B. der Müll ordentlich entsorgt wird, dann kann man auch gleich „den Fortschritt“ der Menschheit in Frage stellen. Und da sollte man mal hinkommen. Den aktuellen Standpunkt mal mit der Zielvorstellung abgleichen. Aber ich vergaß, es gibt ja keine Visionen(Zielvorstellungen) mehr.

    btw, auf einem großen Containerterminal ist es schon eine Zeitfrage, wenn man Container richtig kontrollieren soll. Besser eine Geldfrage, da ein Container ein Schiff mit hunderten Containern aufhalten kann. Und die sind alle in die jeweiligen globalen Transportsysteme eingebunden. Wenn da die Kontrollinstanz weniger wichtiger als die Wirtschaft ist, dann ist klar, wer den schwarzen Peter gezogen hat.

  4. Robert sagt:

    Ein solcher Kontrolleur möchte ich nicht sein, weil Du dann langsam geistig verkümmerst. Da kenne ich zu viele dieser Art. Wenn ich keine andere Möglichkeit habe, würde ich bei einem Amt anfangen, habe aber dies immer im Hinterkopf.

    Das Leiterplatten biologisch werde, ist keine Frage, denn wir als Menschen funktionieren auch.
    Aber dieser Schritt dauert noch ewig. Nur mal ein Beispiel. Die Entwicklung für HDTV (digitales Fernsehen) hat ca 25 Jahre benötigt. HDTV2 ist in der Forschung, wird aber voraussichtlich genausso viel Entwicklungszeit benötigen.
    Also werden auch die organischen Leiterplatten eine Weile benötigen.

    Tja, das bringt uns nicht vorwärts. Ich denke, dass das Kontrollsystem einfach transparent gestaltet werden soll, ähnlich Wikipedia. Unter dem Motto: „Alle haben die Kontrolle“.
    Soll das nicht gehen?
    Man könnte alles online stellen, die Kontrollgänge, was Kontrolliert wurde, Kameras.

    Ich war gestern beim Dynamospiel (lokaler Fußballverein). Dort hat die Polizei auch mitten auf der Kreuzung vorm Stadion mit einem Bus gestanden und einen Polizisten mit einer Kamera drauf gestellt. Das wirkt. Auch kann die Polizei sich keine Schnitzer leisten, weil sie mit aufgenommen wird.

    Robert.

  5. Stephan sagt:

    Das Kontrollieren eine recht ermüdende Tätigkeit sein kann, ist klar. Aber was willst du machen? Deinem Entsorger/Fleischer einfach nur vertrauen? Wenn man das eine will, muss man das andere eben in Kauf nehmen. Das ist wie mit der „grenzenlosen“ Mobilität und der CO2-Konzentration in der Luft.

    Ein öffentliches Kontrollsystem wäre vielleicht nicht schlecht, nur kann die Öffentlichkeit denn den Kontrollgegenstand überhaupt fähig beurteilen? Am Ende brauchst du wieder einen Spezialisten, der das Problem (z.B. langkettige „unsichtbare“ chem. Verbindungen im Trinkwasser) erkennen kann.

    Öffentliche Kontrolle funktioniert einfach nicht, wenn „die gesellschaftlichen Werte“ nicht in gesunder Ordnung sind. Ein ganz einfaches Beispiel: Die jungen Raucher von heute werfen ihre Kippen überall hin. Besonders an ÖPNV-Haltestellen fällt dies richtig auf. Am Ende hast du die Kippen auch im grünen Rollrasen der Strassenbahn. Anderes Beispiel: Es ist Sommer und es werden Kippenstummel aus dem offenen Autofenster geworfen. Irgendwann brennt die Wiese. Die beiden Beispiele zeigen doch schon, wie es um das Funktionieren der Öffentlichkeit steht.

    Irgendwann musst du dann alles kontrollieren, jeden „Spinner“ mit einer Bierflasche, weil dieser ja die Flasche jederzeit auf den Fußboden werfen könnte. Das geht einfach nicht. Welche Gesellschaft kann sich das schon (dauerhaft) leisten? Eine Orwellsche vielleicht?

    Ewig dauert das mit den biologischen Leiterplatten nicht mehr. Die ersten Prototypen sind schon längst fertig. Nur ist die Integrationsdichte und Langzeitstabilität wohl nicht hoch genug. Eine URL: http://www.heise.de/newsticker/meldung/81244

    Bei HDTV habe ich eine sehr gespaltene Meinung. Es eignet sich hervorragend um schlechten Inhalt besser verkaufen zu können und anders herum. Guter Inhalt kommt auch mit ordentlichem PAL wirkungsvoll beim Kopf des Zuschauers an.

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