Kleine Strukturen am Beispiel

Wie sagt man so schön: small is beautiful. Genau das trifft auch auf die Strukturen in unserem Alltag zu. Am Beispiel der Gemüseversorgung am Pieschener Eck, will ich mal den Versuch wagen, das Schöne und das Nützliche aufzuzeigen. Beginnen wir mit den Protagonisten dieses Beitrags.

Protagonisten

Zum ersten betritt der typische Gemüseladen die Bühne. Er wird wie viele andere durch asiastische Mitbürger betrieben, die fleissig jeden Tag das Gemüse hin und her tragen, manchmal auch etwas ruppig. Dort gibt es die tollsten Sachen zu kaufen, Kartoffeln aus Frankreich, Papaya aus Asien, Mango sonstwoher. Leider gibt es kaum regionales Obst und Gemüse, da die typischen Gemüseläden im Grossmarkt kaufen und dieser wiederum an das internationale System angeschlossen ist.
gemüseladen, normal

Es folgt ein kleiner Laden, der wohl nur saisonal dort steht. Ich mag den Laden mal als „Spargelbude“ bezeichnen. Dort wird zu Kampfpreisen Spargel verkauft. Die Spargel verkaufende Konkurrenz ist gross, als Spezialist müssen die Preise noch besser sein. Et voilá.

spargelbude

Schlussendlich endet die Vorstellung der Akteure mit den „Gemüseopis“. Mittwochs und freitags sind die alten Herren mit ihrem Stand von 7.30 Uhr bis 16 Uhr anzutreffen. Sie kommen aus Coswig, gute 10 Kilometer von Dresden entfernt. Dort bauen sie Gemüse selber an und sind wohl auch die dortige Genossenschaft mit eingegliedert. Um das Angebot in Übergangszeiten zu vervollständigen haben die Gemüseopis auch Gemüse aus anderen Regionen im Sortiment, aber so sind die Tomaten aus Frankreich eben nicht die Regel.

gemüseopis

Wo kauft man nun?

Diese Frage soll mal jeder für sich selber beantworten und sich auch auf sein Gefühl verlassen. Wenn ich den Asiaten frage, ob sein Obst gespritzt ist, dann kann er mir keine vollständige Antwort geben, weil sich nur auf den Zettel verlassen kann. Er kennt die Herstellungs- und Konservierungsmethoden sicherlich nicht vollständig, da er seine Ware aus einer „anderen“ Domäne bezieht.

Bei der Spargelbude kaufen, ist sicherlich weniger bedenklich, doch eigentlich auch ein Armutszeugnis. Warum? Da werden zusätzlich zu den vorhandenen Strukturen weitere hinzugefügt, die eigentlich überflüssig sind. Wahrscheinlich stimmt die Integration nicht, so dass es sich wiederum doch lohnt, extra eine Spargelbude hinzustellen. Was spricht dagegen, genau diesen Spargel im Discounter um die Ecke zu verkaufen? Ich muss betonen, dass im Elbtal Spargel Kultgemüse ist. Trotzdem sehe ich da deutliche Defizite, vorhandene Strukturen zu nutzen und effizient zu versorgen. Wenn der Asiate Spargel aus Griechenland verkauft und 20 Meter weiter eine Spargelbude steht, dann hat das was von Perversion.

Ich geh zu den Gemüseopis kaufen. Die kennen die Entstehungsgeschichte ihres Gemüses genau. Der Salat wird früh vor deren Abfahrt geschnitten, es ist ja auch „deren“ Gemüse. Dort verdienen Menschen aus der Region ihr Geld mit dem Anbau und dem Verkauf. Wenn ich die dortigen etwas höheren Preise bezahle, dann bekomme ich die beste Qualität am Platze und fördere gleichzeitig die Erhaltung von Agrarstrukturen vor meiner Stadt.

Und nun?

Ich will hier keine Handlungsanweisung aussprechen, aber ich will an den Verstand beim Konsum appellieren. Einkaufen soll auch Spass machen dürfen und nicht zur stressigen Qual im Grossmarkt verkommen. Vor allem soll Konsum nachhaltig sein. So ist es nicht okay, wenn übermüdete Trucker die Tomaten aus Südspanien bis zu uns karrren, nur weil der Transport fast nichts kostet (~1% vom Ladenpreis) und dort unten Afrikaner die Arbeit verrichten. Das Dilemma um die Spargelstecher aus Polen wird auch jedesmal im Mai von den Medien ausgegraben, aber was will man machen? Vielleicht dort Spargel kaufen, wo wirklich nur Leute aus der Region beteiligt sind. Fragt einfach mal nach und lasst euch die Herkunft von eurem Gemüse erklären. Der Handel will euch etwas verkaufen, da kann er euch auch ruhig umfassend informieren. Überspitzt könnte man sagen: Wer ausländische Produkte kauft, soll sich über Arbeitslosigkeit nicht aufregen.

Ich möchte auch noch auf einen Film hinweisen, der wirklich sehenswert ist: We feed the World (DVD ab Herbst im Handel). Auch muss ich mitteilen, dass die Pestizidbelastung von Gemüse und Obst durchschnittlich sehr hoch ist. Rund 50% allen Gemüses und Obstes sind übermässig belastet. Ich bin kein Arzt, aber über Allergien und Unverträglichkeiten wundere ich mich nicht. Das ist wie beim Feinstaub, mit den Pestiziden: Aus den Augen, aus dem Sinn. Die Discounter lass ich aus dem Spiel gleich mal aussen vor, weil die nicht klein genug sind.

Ich hoffe, ich habe euch jetzt nicht den Geschmack verdorben. Wenn doch, umso besser!

PS: Nehmt Stoffbeutel zum nächsten Einkauf mit!

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43 Antworten zu Kleine Strukturen am Beispiel

  1. rovanu sagt:

    Wie kann Konsum nachhaltig sein? Kosum muss nachhaltig wirken! Ist es nicht so?

    Aber zum Thema: Viele Menschen (müssen) denken oft nur mit dem Geldbeutel und gehen den Weg des geringst möglichen Wiederstand. Warum auch nicht. Meine Frage ist: „We kann Spargel aus Griechenland billiger sein, als der aus der Region“?

    MfG,
    Robert.

  2. Stephan sagt:

    Ganz einfach: Die lokalen Gegebenheiten machen den Unterschied. Mit viel Wärme wächst vieles besser. Siehe Biomasseproduktion im Regenwald. Wenn man in Griechenland jetzt Wasser nimmt, wächst selbst auf dem trockensten Boden etwas. Die Wasserentnahme dort senkt mit Sicherheit den Grundwasserspiegel, aber diesen Umweltschaden muss ja keine Bezahlen. Es wächst also besser und auch eher. Spargel ist eine Saisonfrucht, wer ausserhalb kauft, kauft minderwertig. Das hindert aber trotzdem keinen Supermarkt, auch schlechte Qualität anzubieten, die Leute kaufen es doch.

    Dazu kommen die Unterschiede im Lebensstandard, die den weiteren Preisunterschied ausmachen (Lohnniveau).

    Prinzipiell kann Konsum auch nachhaltig sein, in dem man einfach nicht mehr verbraucht, als die Natur regenerieren kann. Ob „wirken“ oder „sein“, das ist wohl nur eine sprachliche Begriffsfindung.

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