Letztens habe ich eine sehr interessante Reflexion zum aktuell vorherrschenden Zeitgeist gehört. Auf die will ich unbedingt hinweisen. Und weil unser aktueller Medienstaatsvertrag so beschissen (anders kann man die Löschung von Webseiten aus dem öffentlich-rechtlichen Angebot ja nicht bezeichnen) ist, hab ich Sendung und Manuskript gleich mal hier in dieses Blog gepackt. Hörbefehl!
Woher weht der Zeitgeist
Was bleibt von der „Postmoderne“?
Von Hans-Joachim Lenger
Vor kurzem noch war das Schlagwort der „Postmoderne“ in aller Munde: Architektur, Kunst, Literatur und Philosophie schienen in eine neue Epoche eingetreten zu sein, modische Begriffe eines „anything goes“ machten die Runde. Das Spielerische und Verspielte hatte Konjunktur, eine aller Realität enthobene Leichtigkeit sollte den Zeitgeist färben. Heute aber, in Zeiten der Krise, ist es, als schlüge die Gesellschaft auf harte Realitäten auf. Ist vom jüngsten Zeitgeist mehr geblieben als die Erinnerung an einen „Tanz auf dem Vulkan“? Oder nahm dieser Zeitgeist vorweg, was heute die Szene beherrscht: der ungedeckte Wechsel, die Luftbuchung, die Verschuldung ohne Sicherheiten? Was also bleibt von der „Postmoderne“? Professor Hans-Joachim Lenger, Philosoph und Medientheoretiker, gibt Antworten.
Prof. Dr. Hans-Joachim Lenger lehrt Philosophie an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg.
Ein Absatz aus dem Text:
Ende der 70er Jahre wurde der französische Philosoph Jean-François Lyotard von der kanadischen Regierung beauftragt, einen Bericht vorzulegen, der Auskunft geben sollte über den Status des Wissens in den Gesellschaften der Gegenwart. Dieser Bericht erschien unter dem folgenreichen Titel „Das postmoderne Wissen“. Folgenreich – denn mit Lyotards Schrift hatte der Terminus der „Postmoderne“ eine Form gefunden, die für die weitere Auseinandersetzung verbindlich blieb bis heute. Nicht von ungefähr eröffnete Lyotard seine berühmte Untersuchung mit einem Hinweis auf die Kommunikation und die Kybernetik, die Informatik und den Computer. Die Folgen der informationstechnologischen Transformationen für das Wissen und die Kulturen, so argumentierte er, seien ebenso einschneidend wie weitreichend: so tiefgreifend, dass dem Terminus der Moderne der einer „Postmoderne“ entgegengesetzt werden müsse. Was immer nämlich unter den Bedingungen neuer digitaler Wissenstechnologien gesagt werden kann, müsse sich deren Bedingungen unterworfen haben. Und dies verändere die Situation tiefgreifend. Hatte sich die Moderne im Zeichen einer Schriftkultur entwickelt, in einer Ordnung des Buches, die mit Begriffen einer „Bildung“ einherging, so zerfällt sie mit dem Einbruch der neuen Informationstechnologien in ein informatisiertes „Datenbankwissen“.
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Download der Audiodatei vom SWR: http://mp3-download.swr.de/swr2/aula/woher-weht-der-zeitgeist.6444m.mp3
Kopie der Audiodatei hier im Blog: woher-weht-der-zeitgeist.6444m.mp3
Kopie des Manuskriptes: woher-weht-der-zeitgeist.6444m.pdf
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